UN-Millenniumsziel 6
Wer in Armut lebt, muss oft ums tägliche Überleben kämpfen. Hunger ist ein ständiger Begleiter. In 45 Prozent der Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren ist Unterernährung die Hauptursache. Mangel- und Fehlernährung schwächen den Körper, insbesondere bei Kindern.
Die Bekämpfung von Armut und Hunger ist wichtig, damit sich auch die Gesundheit der Menschen verbessert.
Wenig Aufwand bei hohem Nutzen
Weltweit wurden bei der Senkung der Kindersterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren große Fortschritte gemacht. Dennoch wird das Millenniumsziel – Senkung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel – vermutlich nicht erreicht.
Allerdings haben viele Staaten inzwischen eine hohe Impfrate aufgebaut. 2012 lag sie in vielen Ländern bei rund 90 Prozent. Kinder impfen zu lassen, ist ein Beitrag zur Senkung der Kindersterblichkeit.
Zugang zu fachkundiger Geburtsbegleitung ist wichtig
Die Müttersterblichkeit konnte in den letzten 20 Jahren halbiert werden. Das Millenniumsziel – Senkung um drei Viertel – wird damit verfehlt.
Damit die Müttersterblichkeit gesenkt werden kann, müssen Frauen Zugang zu qualitativ hochwertiger Fortpflanzungsmedizin und effizienten Behandlungsmethoden haben. In vielen Ländern weltweit werden Geburten durch fachkundiges medizinisches Personal begleitet. Doch es gibt auch weiterhin viele Ländern, in denen diese medizinische Begleitung fehlt.
Die UN-Millenniumsziele verfolgen beim Thema Gesundheit im Schwerpunkt drei Ziele
Im Zeitraum zwischen 1990 und 2015 soll die Kindersterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren um zwei Drittel gesenkt werden – von 10,6 Prozent auf 3,5 Prozent.
Weltweit wurden bei der Senkung der Kindersterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren große Fortschritte gemacht: 1990 starben 12,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren, im Jahr 2012 waren es 6,6 Millionen.
Das bedeutet, dass die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren in den letzten zwei Jahrzehnten um knapp 50 Prozent zurückgegangen ist, von geschätzten 90 Todesopfern pro 1.000 Lebendgeburten auf 48.
Trotz dieser Fortschritte ist es aber unwahrscheinlich, dass das Millenniumsziel – Senkung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel – in 2015 noch zu erreichen ist.
Viele Staaten haben inzwischen eine hohe Impfrate aufgebaut. 2012 lag sie in vielen Staaten bei rund 90 Prozent. Weltweit lag die Impfrate gegen Masern bei Kindern im Alter zwischen 12 und 23 Monaten bei 84 Prozent. Zwischen 2000 und 2012 sank die Sterberate von Kindern durch Masern um 78 Prozent – von 562.000 auf 122.000 Kindern.
Die UN-Millenniumsziele sehen vor, dass im Zeitraum zwischen 1990 und 2015 soll die Sterblichkeitsrate von Müttern um drei Viertel gesenkt werden soll. Darüber hinaus sollen alle Frauen Zugang zu reproduktiver Gesundheit haben.
1990 lag die Müttersterblichkeit bei geschätzten 523.000 Müttern. Bis zum Jahr 2013 konnten die Sterbefälle auf 289.000 gesenkt werden. Trotz dieser Erfolge ist klar: Die Sterblichkeit von Müttern sank weitaus weniger, als in den Millennium szielen geplant. Sie konnte noch nicht einmal halbiert werden.
Damit die Müttersterblichkeit gesenkt werden kann, müssen Frauen Zugang zu qualitativ hochwertiger Fortpflanzungsmedizin und effizienten Behandlungsmethoden haben. 2011 verhüteten 63 Prozent der Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren, die entweder verheiratet waren oder in festen Beziehungen lebten. 12 Prozent nutzten keinerlei Verhütungsmittel, obwohl sie nicht oder erst später schwanger werden wollten.
Zwischen 2006 und 2013 erhielten mehr als 80 Prozent der schwangeren Frauen mindestens eine Schwangerschaftsuntersuchung. Aber nur 56 Prozent der Schwangeren haben vier oder mehr Schwangerschaftsuntersuchungen wahrnehmen können.
In vielen Ländern weltweit werden Geburten durch fachkundiges medizinisches Personal begleitet. Doch es gibt auch weiterhin viele Ländern, in denen diese medizinische Begleitung fehlt. Dort ist die Müttersterblichkeit dann besonders hoch. In Haiti und Honduras beispielsweise sind werdende Mütter bis heute besonders gefährdet. Und auch die Dominikanischen Republik, Guatemala, Mexiko und Nicaragua werden das Millenniumsziel mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlen.
Bis 2015 soll die Ausbreitung von HIV/AIDS gestoppt und eine Trendumkehr bewirkt werden. Bis 2010 sollten alle HIV-/AIDS-Infizierten Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die Ausbreitung von Malaria und anderen schweren Krankheiten sollte bis 2015 gestoppt und eine Trendumkehr erzielt werden.
2012 haben sich rund 2,3 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Das waren 33 Prozent weniger als im Jahr 2001 mit 3,4 Millionen neu Infizierten. 70 Prozent der mit HIV-infizierten Menschen leben südlich der Sahara in Afrika.
2012 lebten geschätzte 35 Millionen Menschen weltweit mit HIV. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl der Erkrankten weiter gestiegen.
Dadurch, dass sich in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen der Zugang von HIV-Infizierten zu einer antiretroviralen Therapie verbessert hat, wird sich die Anzahl der Infizierten weiter erhöhen, weil durch verbesserte Behandlungsmethoden die Lebenserwartung der Erkrankten in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist. 2012 befanden sich in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen 9,7 Millionen HIV-Infizierte in Behandlung.
Rund die Hälfte der Weltbevölkerung ist dem Risiko ausgesetzt an Malaria zu erkranken. 2012 starben bei geschätzten 207 Millionen Malariaerkrankungen rund 630.000 Menschen; viele von ihnen waren Kinder im Alter von unter fünf Jahren.
Ein Großteil der Kinder lebte in Afrika. Weltweit sank im Zeitraum zwischen 2000 und 2012 bei der betroffenen Bevölkerung das Ansteckungsrisiko um 29 Prozent und die Sterblichkeit um 42 Prozent. Rund 3,3 Millionen Menschenleben konnten im gleichen Zeitraum durch eine verbesserte Malariavorsorge und -behandlung gerettet werden.
In den von Malaria betroffenen Ländern nutzen die Menschen inzwischen vermehrt Hilfsmittel wie Moskitonetze oder Moskitospray. Das wird auch in Zukunft notwendig sein, um die Krankheit und die Sterbefälle weiter zu senken.
Nach wie vor gibt es eine Vielzahl an tropischen Infektionserkrankungen, die durch Viren, Bakterien oder Mikroorganismen ausgelöst werden. 17 Krankheiten hat die WHO priorisiert.
Diese Krankheiten finden sich in 149 Ländern. Sie können bei einem Menschen zahlreiche Infektionen hervorrufen. Die meisten dieser Infektionserkrankungen sind eine Begleiterscheinung von Armut.
Rund 1 Milliarde Menschen weltweit leiden unter tropischen Krankheiten. Trotz vieler Fortschritte bleiben einige tropische Infektionserkrankungen, beispielsweise das Dengue-Fieber, ein gefährliches Risiko für die Gesundheit. Das erschwert es, die Millenniumsziele zu erreichen, ist ein Hemmschuh für die Armutsbekämpfung und die sozio-ökonomische Entwicklung der betroffenen Länder.
Während des wirtschaftlichen Wachstums in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika, wurde das Gesundheitssystem in den Ländern zum Teil modernisiert. Doch Zugang zum Gesundheitssystem hatten nur die privat Versicherten oder Lohnarbeiter. Die Armen waren vom Gesundheitswesen weitgehend ausgeschlossen.
Durch die zahlreichen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Lateinamerika wurde die Gesundheitspolitik in den 70er und 80er Jahr des vergangenen Jahrhunderts in den Hintergrund gedrängt. Die staatlichen Finanzierungssysteme wurden immer mehr durch privatwirtschaftliche Elemente ergänzt – Armut wurde noch mehr zu einem Ausschlusskriterium aus der Gesundheitsversorgung.
In den 90er Jahren wurde die Kritik an der Gesundheitspolitik in den Ländern Lateinamerikas immer lauter. Die Bekämpfung von Armut – und dadurch auch die internationale Gesundheitspolitik - wurde nun zu einer wichtigen Aufgabe.
Durch die Demokratisierung vieler Länder Lateinamerikas und den Linksruck zahlreicher Regierungen rückten Reformen in der Sozial- und Gesundheitspolitik wieder mehr in den Fokus. Gesundheit für alle Bürgerinnen und Bürger wurde zu einem politischen Ziel.
In vielen Ländern Lateinamerika müssen Patienten einen hohen Anteil an Eigenleistung erbringen, während die staatlichen Gesundheitsleistungen sich auf einem niedrigen Niveau bewegen. Für die Armen – immerhin mehr als 40 Prozent der Bevölkerung – ist Gesundheit damit nicht finanzierbar.
Nach Haiti hat Bolivien den schlechtesten Gesundheits-Indikator in Lateinamerika und der Karibik.
Die Müttersterblichkeit liegt bei 200 Frauen pro 100.000 Lebendgeburten 3, die Kindersterblichkeit liegt bei Kindern unter fünf Jahren bei 41 pro 1.000 Lebendgeburten 4 und die Neugeborenensterblichkeit liegt bei 18 pro 1.000 Lebendgeburten.
Das staatliche Gesundheitssystem erreicht nur knapp die Hälfte der Bevölkerung. Im Gesundheitsbereich gibt es ein starkes Stadt-Land-Gefälle: In den ländlichen Regionen fehlen Krankenstationen, Personal und Hebammen.
Die medizinische Grundversorgung in den Städten ist ausreichend.
Doch für viele Dominikaner gilt trotzdem: Eine Gesundheitsversorgung ist schwierig, denn mehr als 40 Prozent der Menschen leben in Armut, rund 10 Prozent sogar in extremer Armut. Wo das Geld fürs tägliche Überleben fehlt, ist für Gesundheit noch der kleinste Beitrag eine gewaltige Herausforderung.
In El Salvador verbietet ein Gesetze die Privatisierung staatlicher Gesundheitsleistungen strikt. Dennoch gibt es weiterhin große Defizite im salvadorianischen Gesundheitswesen. In den letzten Jahren kämpfen die Gewerkschaften der Arbeiter/innen und Angestellten sowie die Ärzte um das Recht für Gesundheit.
Unter der Amtszeit von Gesundheitsministerin Maria Isabel Rodrigues wurden die so genannten „freiwilligen Beiträge“ abgeschafft – Gelder, die ein Patient für die Untersuchung und Behandlung bezahlen musste, obwohl sie eigentlich kostenlos gewesen wären. Dadurch erhielten auch ärmere Familien Zugang zur Gesundheitsversorgung.
In Guatemala ist der allgemeine Zugang zum Gesundheitssystem verfassungsrechtlich verankert. Allerdings sieht die Realität oft anders aus: Ein funktionierendes Gesundheitssystem gibt es nicht, weil die finanziellen Ressourcen im Gesundheitsministerium fehlen und im Gesundheitswesen zahlreiche Akteure wie die Krankenhäuser, Sozialversicherungen, Gesundheitsdienste oder private Gesundheitsanbieter nicht miteinander kooperieren.
Das staatliche Gesundheitssystem wird in Honduras durch die „Secretaría de Salud“ (Gesundheitsministerium) verwaltet. Das Ministerium hat 28 Krankenhäuser und sehr viele lokale Gesundheitszentren. Dennoch gibt es eine regionale Unterversorgung und eine fehlende Koordination der im Gesundheitsmarkt Agierenden.
Der Fokus der Versorgung liegt auf der Behandlung von Patienten und nur wenig auf der Vorsorge. Große Teile der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Gebieten oder ethnische Minderheiten, haben kaum Zugang zur Gesundheitsversorgung.
In Mexiko gibt es die „Seguro Popular“, die Volksversicherung. Sie wurde 2003 im Rahmen der Gesundheitsreform eingeführt und deckt die Versorgung von rund 52 Millionen Mexikanern ab, die keinen Zugang zum allgemeinen System der Sozialversicherung haben.
Das Mexikanische Institut für soziale Sicherheit und das Institut für soziale Sicherheit und Sozialleistungen bilden die beiden staatlichen Säulen der Sozialversicherung. Die Dienstleistungen dieser beiden Institutionen stehen der gesamten Bevölkerung offen, eine Versicherungspflicht gibt es aber bislang nicht.
Insbesondere auf dem Land und in den ärmeren Bundesstaaten gibt es – aufgrund von Ärztemangel und Armut – eine Unterversorgung der Bevölkerung. Die Gesundheitsversorgung deckt im Wesentlichen die
medizinische Behandlung von Patienten ab. Auf die Prävention, beispielsweise richtige Ernährung, um Fettleibigkeit und Diabetes zu vermeiden, wird kaum ein Augenmerk gelegt.
In Nicaragua schloss der Staat in den letzten Jahren immer mehr staatliche,medizinische Einrichtungen. So entstand eine Zweiklassen-Medizin: Wer über Geld verfügt erhält eine Behandlung, alle übrigen haben nur rudimentären oder gar keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die Regierungen in Peru große Anstrengungen unternommen, um den Zugang zur Gesundheitsversorgung auszuweiten.
Die integrierte Gesundheitsversicherung (Seguro Integral de Salud) hat durch die Abschaffung von Gebühren dazu beigetragen der Bevölkerung gewisse Basisleist jungen anbieten zu können. In der Kranken- und Sozialversicherung sind aber nur rund 20 Prozent der Bevölkerung erfasst.
Es gibt zu wenige staatliche Gesundheitszentren und Krankenhäuser, in denen die Behandlung für arme Menschen kostenlos ist. Der Zustand dieser medizinischen Einrichtungen ist meist schlecht, es fehlt an qualifiziertem Personal, Ausstattung und Medikamenten. Im Vergleich zum städtischen Bereich, ist die medizinische Versorgungslage in ländlichen Gebieten bedeutend schlechter.
Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in Haiti war schon vor dem Erdbeben von 2010 rudimentär, verschlechtere sich aber durch die Naturkatastrophe noch mehr. Durch das Beben wurden viele Krankenhäuser beschädigt. Als Folge ist das staatliche System mit der Bekämpfung von Krankheiten wie Cholera oder AIDS völlig überfordert. In Haiti ist in staatlichen Krankenhäusern die Behandlung eigentlich kostenfrei.
Allerdings müssen die Patienten die Kosten für die benötigten Medikamente tragen. Da es keine allgemeine Krankenversicherung gibt, kann die Mehrheit der Bevölkerung die Kosten für Medikamente nicht aufbringen und ist deshalb von der medizinischen Versorgung abgeschnitten.
Hinzu kommt, dass die staatlichen Krankenhäuser oft überfüllt sind, so dass eine Behandlung der Patienten erst nach langer Wartezeit oder gar nicht erfolgen kann. Da das Gesundheitswesen in Haiti stark zentralisiert ist – auf die größeren Städte, insbesondere auf Port-au-Prince – ist die Gesundheitsversorgung auf dem Land verheerend.