Trinkwasser, Gesundheitschecks, Hygieneschulungen: Seit einem Jahr läuft in Haiti ein Hilfsprojekt, das Kinder fit machen soll. Ihre Familien profitieren ebenfalls.

Gesundheit für Kinder in Haiti: Weitermachen auch in Krisenzeiten

Trinkwasser, Gesundheitschecks, Hygieneschulungen: Seit einem Jahr läuft in Haiti ein Hilfsprojekt, das Kinder fit machen soll. Ihre Familien profitieren ebenfalls.

„Gesunde Schulen – starke Kinder“, so heißt das aktuelle Projekt von nph in Haiti, das die SKALA- Initiative der Unternehmerin Susanne Klatten in Kooperation mit der Phineo AG zu einem großen Teil mitfinanziert.

Es geht es darum, Kindern, ihren Eltern und Nachbarn der Schulen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen. 450.000 Menschen sollen profitieren. Außerdem erhalten 5.500 Schulkinder medizinische Versorgung, 360 Schulangestellte nehmen an medizinischen Schulungen teil und rund 50.000 Angehörige der Schulkinder lernen über eine Gesundheitskampagnen, besser auf sich und ihre Gesundheit achtzugeben.

Trinkwasser in Haiti

Dank der bereits errichteten Trinkwasseranlagen können die Schülerinnen und Schüler auf dem Pausenhof trinken und ihre Wasserflaschen auffüllen.

Schulen werden Gesundheitsstationen

Kurz gesagt: Mit einfachen, ökonomischen Mitteln kann viel erreicht werden für die Bevölkerung in den Armensiedlungen am Rande der Großstädte in Haiti. Denn: Hier gibt es oftmals keine Versorgung mit sauberem Trinkwasser und es wäre für viele Familien zu teuer, genug davon zu kaufen. Der Mangel an Wasser führt zu Krankheiten, die besonders den Kindern zusetzen und ihren Schulerfolg gefährden. Diesen Kreislauf durchbricht „Gesunde Schulen – starke Kinder“. Die Schule als zentraler Ort und Treffpunkt für Kinder, Lehrpersonal und Familien wird zum Versorgungs- und Wissensstützpunkt rund ums Wasser.

Nicht nur während der Schulzeit können die Kinder so viel trinken, wie sie wollen – ihre Familien können gegen ein minimales Entgelt Wasser an der Schule kaufen. Ein Gewinn für alle Beteiligten.

Hygieneschulung unseres Personal

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulen erhalten im Rahmen des Projekts Schulungen zu Hygiene und Gesundheitsvorsorge. Dieses Wissen geben sie dann weiter.

Projektumsetzung unter erschwerten Bedingungen

Zugegebenermaßen war der Startzeitpunkt im Herbst 2019 unglücklich, weil er von den Ereignissen im ärmsten Land der westlichen Welt geradezu überrollt wurde: In Haiti brach bald darauf eine Krise aus. Die Bevölkerung protestierte gegen Inflation und steigende Preise für Lebensmittel und Treibstoff. Bald darauf nutzten Banden die unsichere Situation, um Straßenblockaden zu errichten; Gewalt und Ausschreitungen legten das öffentliche Leben lahm. Auch die Schulen waren davon betroffen. Und dennoch schaffte das Projektteam es, die ersten Trinkwasseranlagen zu etablieren und die ersten Maßnahmen einzuleiten.

Schon mehr als 2.000 Kinder medizinisch untersucht

Mit Verzögerungen, aber voller Tatendrang startete das Projektteam nach dem Abflauen der Krise im Dezember 2019 wieder in die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen. Vor und während des Coronaausbruchs konnten folgende große Schritte erfolgreich umgesetzt werden:

  • Im Jahr 2020 wurden bereits in sechs Schulen medizinische Check-Ups durchgeführt. Von den rund 2.100 untersuchten Kindern hatten 781 medizinisch auffällige Symptome. Die häufigsten Krankheitsbilder waren grippale Infekte, Hautflechten, Pilzinfektionen und Darmparasiten. Besonders diese Parasiten sind sehr wahrscheinlich auf verunreinigtes Wasser und Lebensmittel zurückzuführen. Die untersuchten Kinder erhielten direkt aus den im Rahmen des SKALA-Projektes eingerichteten Schulapotheken entsprechende Medikamente. Dringende Fälle wurden an umliegende Krankenhäuser verwiesen. Die Eltern sind mit eingebunden und tragen die Verantwortung für die medizinische Nachversorgung.
  • Vier Trinkwasseranlagen sind voll in Betrieb und liefern Trinkwasser für die Schulkinder, das Personal und die Bevölkerung im Umfeld der vier Schulen. Mikrobiologische und chemische Wasseranalysen im nationalen Labor (DINEPA) zeigten: Die Qualität des Wassers ist sehr gut. Übrigens: Alle vier Trinkwasseranlagen sind solarbetrieben.

Das Zeitfenster bis zur nächsten Katastrophe war nicht groß: Schon im Frühjahr kündigte sich die Coronapandemie auch in Haiti an. Es dauerte bis Mitte März, bis der erste Todesfall offiziell bestätigt war und das öffentliche Leben wieder stark eingeschränkt wurde. Die Regierung rief den „Sanitären Notstand“ aus, erneut schlossen die Schulen, die Bewegungsfreiheit der Menschen war eingeschränkt. Und dennoch ging es weiter mit dem Wasserprojekt, den widrigen Umständen zum Trotz.

Neue Trinkwasseranlagen sind in Bau

Im Juni konnte der Auftrag für die Installation von sechs weiteren Wasseraufbereitungsanlagen erteilt werden. Die Bau- und Installationsmaßnahmen konnten und können zum Glück auch mit den Einschränkungen der Coronaschutzmaßnahmen gut umgesetzt werden.

Manche der vorgesehenen Teilprojekte wie zum Beispiel die Fortführung der medizinischen Check-ups finden derzeit aus Gründen des Hygieneschutzes nicht statt. Sobald möglich, werden diese fortgeführt – hatte doch die erste Runde gezeigt, wie sinnvoll und dringend nötig diese sind in einem Land, das für Kinder keine Vorsorgeuntersuchungen vorsieht, wie es beispielweise in Deutschland die so genannten „U-Untersuchungen“ sind. Auch die Sensibilisierungsmaßnahmen für die Eltern und Community-Mitglieder sowie Schulungen für das Personal konnten wieder stattfinden.

Vorsorge, Aufklärungskampagnen und Informationen

Aufklärung und Schutzmaßnahmen rund um den bevorstehenden Covid-19-Ausbruch planten die medizinischen und pädagogischen Teams von nph International und der Fondation St. Luc bereits im Frühjahr. Im Rahmen des Projekts „Gesunde Schulen – starke Kinder“ trug das Projektteam zur Aufklärung der Bevölkerung über Hygienevorschriften und Abstandsregeln bei. Auch für Analphabeten und Kinder ist gesorgt. Sie erhalten bebilderte Informationen. Die Schulen halten den Kontakt zu allen Schulkindern und ihren Famien aufrecht. So sind sie über ihren Gesundheitszustand informiert und können zumindest in kleinem Umfang Maßnahmen umsetzen.

Lebenswichtiger persönlicher Kontakt

Wie wichtig es ist, dass die Familien die Anbindung an die Schulen und an Hilfe der nph-Partnerorganisation St. Luc erhalten, bestätigen Marie-Louise und Mirlande, beide Mütter von Kindern, die die St. Marie Schule besuchen. Marie-Louise sagt: „Wir sind sehr dankbar, dass St. Luc auch in Coronazeiten Trinkwasser bereitstellt. Ansonsten hätten wir viele Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle laufen müssen und wären beim Schlangestehen viel mehr Risiken ausgesetzt gewesen.“ Mirlande ergänzt: „Ich hätte nie gedacht, dass das St.-Luc-Team bei so vielen Schülern tatsächlich den Kontakt zu allen Familien sucht. Es hat mich sehr berührt, dass ein Mitarbeiter mich fragte, ob es uns gut gehe und ob wir Zugang zu Wasser und Hygieneprodukten hätten. Da wusste ich, ich bin nicht alleine in dieser schwierigen Zeit“.

Gesundheit sprudelt aus dem Hahn

Wasser für alle

Jede der Trinkwasseranlagen hat zwei Seiten: eine Wasserstelle auf dem Schulhof und eine Abfüllstelle an der Außenmauer der Schule mit Verkaufskiosk. Die Behälter zum Befüllen müssen die Familien selbst mitbringen. Der Wasserverantwortliche sorgt dafür, dass sie gereinigt sind.

Besonders schön ist, dass die ersten vier Standorte mit Trinkwasseranlagen auch zu Coronazeiten schon dazu beitragen, dass viele Familien gesünder leben können. Hygiene-Konzepte für die Verteilung wurden implementiert. An drei Tagen in der Woche sind die Trinkwasserverteilstellen für die Bevölkerung zugänglich. Pro Tag werden rund 15.000 Liter Trinkwasser in den vier Standort an die Bevölkerung verteilt. Pro Standort und Tag profitieren etwa 600 Personen vom Trinkwasser. Das macht dann insgesamt 7.200 Begünstigte pro Woche, die im Rahmen von „Gesunde Schulen – starke Kinder” wertvolle Hilfe bekommen. Seit Mitte August der Unterricht an den Schulen wieder stattfindet, profitieren noch mehr Kinder vom gesunden Trinkwasser.

Das Projekt läuft laut Plan noch bis 2021. Wollen Sie mithelfen? Es werden noch rund 200.000 Euro benötigt, bis alle Maßnahmen finanziert sind.