Kinder brauchen Schutz vor Gewalt.

Gewalt: Alle fünf Minuten stirbt ein Kind

UN-Millenniumsziel: Kindersterblichkeit reduzieren. Alle fünf Minuten stirbt ein Kind an den Folgen von Gewalt. In Lateinamerika ist die Gewaltrate besonders hoch. Deshalb fliehen viele Kinder.

Die meisten Kinder unter fünf Jahren sterben an vermeidbaren Erkrankungen. Erschreckend ist jedoch auch die Tatsache, dass alle fünf Minuten ein Kind an den Folgen von Gewalt stirbt.

Nicht etwa Krieg und bewaffnete Konflikte sind die Hauptursachen. Tod durch Gewalt geschieht meistens im Alltag und vor allem in Armut. In Lateinamerika ist die Gewaltrate besonders hoch. Jahr für Jahr begeben sich deshalb zehntausende Kinder und Jugendliche auf die Flucht, in der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Eines der 2015 auslaufenden UN-Millenniumsziele lautet, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu senken. Alle drei Sekunden stirbt ein Kind, meistens an vermeidbaren Erkrankungen. Doch es lauern noch weitere Gefahren auf Kinder, vor allem in armen Ländern: Gewalt, Drogen, Kriminalität, Kinderarbeit und Ausbeutung.

Laut Vereinten Nationen (UN) stirbt alle fünf Minuten ein Kind einen gewaltsamen Tod. In Lateinamerika fliehen deshalb jährlich zehntausende Kinder aus ihrer Heimat.

Cesario hatte Glück im Unglück

Cesario Lobos Fajardo stammt aus Guatemala. Alkoholmissbrauch und häusliche Gewalt prägten seine frühe Kindheit. Schon als 6-Jähriger musste der Junge arbeiten. Sein Leben änderte sich, als die Polizei ihn eines Abends alleine auf der Straße aufgriff.

Nach Prüfung der häuslichen Verhältnisse schickte ein Richter den Jungen ins nph-Kinderdorf von Guatemala nach San Andrés Itzapa. „Alle Kinder dort haben ähnliche Erfahrungen gesammelt. Sie kennen Hunger, Armut oder waren Gewalt und Missbrauch ausgesetzt“, erzählt der heute 24-Jährige.

Cesario Lobos Fajardo hatte Glück im Unglück. Er fand bei nph guatemala ein liebevolles Zuhause und eine neue Familie. Heute studiert er Psychologie.


Fajardo ist dank nph der Gewalt entkommen.
Fajardo ist dank nph der Gewalt entkommen.

Viele Mädchen und Jungen in Lateinamerika haben dieses Glück nicht. Sie sind täglich Mord, Gewalt, organisierter Kriminalität und Armut ausgesetzt. Die Zukunftsperspektiven sind düster und das vorherrschende Gefühl ist Hoffnungslosigkeit.

Aus diesen Gründen machen sich zehntausende minderjährige Kinder und Jugendliche, vor allem aus Honduras, Guatemala und El Salvador, auf eine gefährliche und lange Reise: Mithilfe von Schleuserbanden gelangen viele von ihnen in die USA - in der Hoffnung, dort in Sicherheit ein besseres Leben aufbauen zu können.


Jährlich fliehen zehntausende Kinder aus Lateinamerika vor Gewalt.
Jährlich fliehen zehntausende Kinder aus Lateinamerika vor Gewalt.

Wie Soldaten im Krieg

Laut einer UNICEF-Studie stirbt weltweit alle fünf Minuten ein Kind an den Folgen von Gewalt. Der Großteil der getöteten Kinder lebt nicht in Kriegsgebieten, wie man annehmen könnte. Die Gewalt passiert alltäglich und da, wo Kinder eigentlich geschützt aufwachsen sollten: zu Hause, in der Schule, in der Nachbarschaft. Der Bericht offenbart interessante Fakten:

  • Kinder, die Opfer von Gewalt sind, haben ähnliche Gehirnaktivitäten wie Soldaten im Krieg.
  • Ein Drittel der Kinder, die Gewalt ausgesetzt sind, tragen dauerhafte Schäden und Traumata davon.
  • Von Armut betroffene Kinder werden häufiger Opfer von Gewalt, egal wo auf der Welt sie leben.
  • Mehr als 75 Prozent der durch Gewalt getöteten Kinder leben nicht in Kriegsgebieten.

In einer Deutsche-Welle-Reportage zum Thema Kinderflüchtlinge aus Lateinamerika erzählt eine Frau aus Honduras: „Es ist hier wie im Irak, jeden Tag gibt es Tote. Nur dass wir keinen Krieg haben, das ist hier normal.“

 

 

Viele Kinder reisen den Eltern alleine nach, die sich bereits in den USA befinden.
Viele Kinder reisen den Eltern alleine nach, die sich bereits in den USA befinden.

Jedes Jahr 68.000 Morde

45 Prozent der Kinder in Lateinamerika sind von Armut betroffen. 5,7 Millionen Kinder müssen arbeiten und können deshalb nicht zur Schule gehen.

Ohne Ausbildung bleiben sie in der Armutsspirale gefangen. Armut führt zu Gewalt: Die Drogen- und Bandenkriminalität in Lateinamerika stellt eine enorme Bedrohung für Kinder und Jugendliche dar. Die Banden machen sich die Perspektivlosigkeit der Kinder zu Nutze, um sie für ihre Zwecke zu rekrutieren.

Besonders traurig ist, dass sogar schon Siebenjährige zu Bandenmitgliedern werden. Die Gewalt und Grausamkeit, mit der Banden vorgehen, ist unvorstellbar. Sie verbreiten Angst und Schrecken in der Bevölkerung.

So hat Honduras die höchste Mordrate der Welt: 2012 gab es 85,1 Morde auf 100.000 Einwohner. Umgelegt auf Deutschland würde das bedeuten, dass jedes Jahr mehr als 68.000 Menschen ermordet werden.



Viele Kinder in Lateinamerika müssen auf der Straße schlafen.
Viele Kinder in Lateinamerika müssen auf der Straße schlafen.

 

Anstieg von Gewalt in Lateinamerika

Reinhart Köhler, Vorsitzender von nph international, lebt seit mehr als 30 Jahren in Honduras. Er erklärt: „In den meisten Ländern, in denen nph tätig ist, hat es in den letzten Jahren einen enormen Anstieg von Gewalt und Kriminalität gegeben. Gangs, Drogenkartelle und andere kriminelle Gruppen dominieren die Gesellschaften in den Ländern Lateinamerikas. Einer der Gründe dafür ist, dass trotz wirtschaftlichem Wachstum die Ärmsten arm geblieben sind. Die Zahl der Armen ist sogar gewachsen. In Honduras zum Beispiel ist sie von 58 Prozent im Jahr 2009 auf 65 Prozent im Jahr 2013 angestiegen.“

Diese Zustände machen ein Land anfällig für Korruption, Gewalt und Verbrechen. Perspektivlosigkeit führt oft von Armut zu Kriminalität. Heute muss nph sich stärker denn je darum bemühen, den Kindern eine gute Ausbildung zu bieten, um ihnen diese Perspektivlosigkeit zu ersparen. Auch die Vermittlung moralischer Werte und positive Vorbilder sind enorm wichtig für die Kinder.


In manche Gegenden in Lateinamerika traut sich nicht einmal die Polizei. Dann muss das Militär eingreifen. ©Diego Fernández Wikimedia commons
In manche Gegenden in Lateinamerika traut sich nicht einmal die Polizei. Dann muss das Militär eingreifen.
©Diego Fernández Wikimedia commons

 

nph bietet Kindern Schutz

So lange die vordringlichsten Herausforderungen in Lateinamerika nicht gelöst sind, ist es gut und wichtig, dass es Organisationen wie nph in diesen Ländern gibt, die sich Kindern in Not annehmen.

Viele der 3.342 Mädchen und Jungen, die in den Kinderdörfern von nph in neun Ländern Lateinamerikas leben, teilen die Erfahrung der Kinderflüchtlinge von Armut, Gewalt und Bedrohung durch Kriminalität.

Im Kinderdorf in El Salvador beispielsweise stammen 55 Prozent der Kinder aus extremen Armutsverhältnissen und/oder waren Opfer von Gewalt. Die restlichen 45 Prozent der Kinder sind Voll- oder Halbwaisen.

Wir stellen enorme Verzögerungen in ihrer Entwicklung fest oder diagnostizieren gesundheitliche Probleme, die bisher unbemerkt geblieben sind, weil sich keiner um die Kinder gekümmert hat. Innerhalb relativ kurzer Zeit holen die meisten Kinder in ihrer Entwicklung jedoch auf.


Bei nph können die Kinder wieder unbeschwert lachen.
Bei nph können die Kinder wieder unbeschwert lachen.

 

Wie in einer richtigen Familie


Bei nph geben wir den Kindern ihre Kindheit zurück, sie können sich sicher fühlen und sorgenfrei spielen – was für Kinder selbstverständlich sein sollte. Das ist auch absolut essenziell für ihre gesunde Entwicklung.

Im Gegensatz zu vielen anderen Institutionen kümmern wir uns auch nach dem 18. Lebensjahr um die Kinder, wir tun das, was eine richtige Familie auch tut: Wir helfen ihnen, ihr volles Potential zu entfalten, einschließlich beruflicher oder akademischer Ausbildung, unabhängig von ihrem Alter.

„Ich glaube, dass wir noch mehr Kriminalität und Gewalt erleben werden, bevor die Dinge besser werden. Das wird unsere Arbeit noch schwerer machen und gleichzeitig noch notwendiger, um Kinder zu schützen und aus lebensbedrohlichen Situationen herauszuholen.“, so Reinhart Köhler.


Reinhart Köhler ist Vorsitzender von nph international und seit mehr als 32 Jahren für nph tätig.
Reinhart Köhler ist Vorsitzender von nph international und seit mehr als 32 Jahren für nph tätig.

In Honduras haben wir vor kurzem 84 neue Kinder aufgenommen. Im nph-Kinderdorf sind sie sicher vor Gewalt und Kriminalität.