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Leben mit Corona in Haiti: „Wir lernen, uns zu schützen”

Das Team im St.-Damien-Kinderkrankenhaus in Haiti kümmert sich aufopfernd um Coronapatienten; die Versorgung von Kindern ist – mit Einschränkungen – weiterhin sichergestellt.

Die Coronaschutzmaßnahmen in Haiti stellen einen bedeutenden Eingriff in die Normalität der Bevölkerung dar – und das seit fast einem halben Jahr. Nach dem ersten coronabedingten Todesfall Mitte März ergriff die Regierung strenge Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus: Schulen und Universitäten wurden geschlossen, öffentliche Zusammenkünfte einschließlich Gottesdienste verboten, eine nächtliche Ausgangssperre wurde verordnet und das Tragen von Masken überall im Land verbindlich eingeführt.

Das blieb vor allem in der verarmten Bevölkerung nicht ohne Folgen, und diese Folgen sind gefährlich für das Leben vieler Menschen auf der Karibikinsel. Das erste große Thema ist die Angst – Angst vor den Kranken und vor denen, die sich um sie kümmern. Menschen mit Corona verstecken aus Angst vor Stigmatisierung und Angriffen ihre Symptome.

Tagelöhner können die Schutzmaßnahmen nicht umsetzen

Das zweite Problem bei der Virusbekämpfung ist die wachsende Anzahl der Haitianerinnen und Haitianer, die anzweifeln, dass es Covid 19 überhaupt gibt und die deshalb die Schutzmaßnahmen nicht einhalten. Und selbst diejenigen, die die Existenz des Virus nicht anzweifeln, können sich nicht immer an die Regeln halten: Wer sich mit kleinen Jobs im informellen Sektor täglich aufs Neue über Wasser halten muss, kann unter Umständen keine Quarantäneregeln einhalten. Denn: ohne Arbeit kein Essen für die Familie.

Ein dritter beunruhigender Trend ist die Stadtflucht: Einwohnerinnen und Einwohner von Port-au-Prince, der Hauptstadt und gleichzeitig dem Epizentrum der Krankheiten, verlassen die Stadt, weil sie sich in ihren Herkunftsorten auf dem Land sicherer fühlen. Dabei tragen sie zur Ausbreitung des Coronavirus bei, was aufgrund der geringen Testkapazitäten erst mit Verzögerung bemerkt werden kann.

nph-Kinderkrankenhaus ist jetzt zentrale Anlaufstelle

Unser medizinisches Personal versucht alles um die Menschen in Haiti während der Pandemie zu schützen.

Unser medizinisches Personal versucht alles um die Menschen in Haiti während der Pandemie zu schützen.

Aktuell (Stand November 2020) sind laut Daten der Johns Hopkins University 9.137 Menschen in Haiti erkrankt und 232 verstorben. Und die Menschen in dem kleinen, armen Karibikstaat haben es schwer, sich zu schützen. Das Gesundheitssystem ist unzureichend ausgerüstet. Deshalb hat der haitianische Staat auch das von nph betriebene St.-Damien-Hospital zum Coronastützpunkt erklärt.

Medizinisches Team reagierte früh auf die Pandemie

Teile des Personal des St. Damien Krankenhaus. Ihr Einsatz hilft dabei die Krise zu bewältigen.

Teile des Personal des St. Damien Krankenhaus. Ihr Einsatz hilft dabei die Krise zu bewältigen.

Seit Ausbruch des Coronavirus hat nph die Entwicklung aufmerksam verfolgt und sich informiert, wie andere medizinische Institutionen weltweit damit umgegangen sind. Zu den vielfältigen Maßnahmen zum Schutz der Kinder und ihrer Familien sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören unter anderem die üblichen Hygienemaßnahmen, aber auch strenge Quarantänemaßnahmen, zum Beispiel in den Kinderdörfern. Für das St.-Damien-Krankenhaus beschloss nph die Eröffnung einer Station für akute Atemwegserkrankungen, die seit Ende März 2020 in Betrieb ist und auch über eine Isolierstation verfügt.

Viele Einzelmaßnahmen zum Schutz von Personal und Patienten

In dieser Station stehen zehn Spezialbetten für schwere Fälle von Atemwegserkrankungen zu Verfügung. Alle Patienten mit Atemwegsproblemen werden hierher verwiesen. Begleitende Maßnahmen im St.-Damien-Hospital sind unter anderem:

  • die Schließung aller nicht dringenden Stationen und Bereiche und die Priorisierung der Patienten nach Dringlichkeit
  • die befristete Einstellung von Krankenschwestern, Hilfskräften, Ärzten und Reinigungspersonal für die neue Atemwegserkrankungs-Station
  • der Bau von drei Wasserspendern im Hof des Krankenhauses sowie die Produktion größerer Mengen von Desinfektionsmitteln
  • die Herstellung von Masken für Patienten und Eltern
  • die vorbeugende Versorgung von Patienten der Aids- und der Tuberkulose-Stationen mit größeren Medikamentenvorräten

Großen Wert legt nph auf das Training im Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Schutzausrüstungen. Dr. Margareth Narcisse, Mitglied des Medizinischen Direktoriums am St.-Damien-Krankenhaus, sagt dazu: „Für unser Personal und unsere Patienten war es schwer, sich an diese neuen Regeln zu gewöhnen. Die meisten der medizinischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in 24-Stunden-Schichten, während die nicht-medizinischen Teams so organisiert sind, dass das Ansteckungsrisiko für sie möglichst gering ist. Den Ängsten unter den Kolleginnen und Kollegen begegnen wir mit Video-Sitzungen, in denen sie lernen, sich gut zu schützen.“

In vorderster Reihe gegen die Pandemie

Die neue Atemwegserkrankungs-Station des St. Damien Krankenhaus ist ein wichtiger Puzzlestein bei der Bewältigung der Krise.

Die neue Atemwegserkrankungs-Station des St. Damien Krankenhaus ist ein wichtiger Puzzlestein bei der Bewältigung der Krise.

Wie nötig es ist, sich selbst zu schützen, das weiß Pater Richard, der Leiter von nph in Haiti und selbst studierter Mediziner. Er kennt seine Statistiken – und er weiß, wie sehr das Virus an der Gemeinschaft nagt, an dem engen Geflecht von Familien, Kollegen und Nachbarn: „Wir wissen um die Emotionen und Ängste für alle, die sich in den Dienst anderer Menschen stellen. So viele unserer Patienten sind Angestellte oder Freunde, ehemalige oder aktuelle Nachbarn, oder sogar Mitglieder unseres eigenen Teams, die sich mit dem Virus infiziert haben, während sie sich um Coronapatienten gekümmert haben.“ Er findet ein Bild für die belastende Situation von Ärztinnen und Ärzten, Krankenschwestern und – Pflegern und allen, die weltweit in vorderster Reihe für andere sorgen: “Unser Einsatz ist unser Körper, Schweiß, Blut und Tränen.“

Einkaufsliste: Schutzkleidung, Masken, Tests

Um die Sicherheit des Personals auch in Zukunft gewährleisten zu können, kümmert sich das St.-Damien-Krankenhaus um einen ausreichenden Vorrat an Schutzkleidung und Masken. Ganz wichtig, so Dr. Margareth Narcisse, sei die Anschaffung von möglichst vielen Coronatests. Derzeit gebe es zwei Labore, die die Tests bearbeiten: das Staatslabor und ein privates, das ebenfalls im Auftrag der Regierung arbeite. Dr. Brice Cassandra ist in der neuen Station für Atemwegserkrankungen tätig. Sie bestätigt, wie wichtig die Tests sind. Es sei beunruhigend, nicht zu wissen, ob ein Patient das Virus hat oder nicht.

Großer Dank an alle Spenderinnen und Spender

Dr. Jacqueline Gautier, ist in normalen Zeiten Leiterin und Direktorin des Kinderkrankenhauses St. Damien, das heute zum Coronakrankenhaus Kinder bis 14 und schwangere Frauen geworden ist. Sie erklärt: „Hunderte von Kindern und werdenden Müttern mit Covid-19-Symptomen zu behandeln, bedeutete für uns eine enorme Herausforderung, verbunden mit großer Ungewissheit. Unser Krankenhaus hat gezeigt, wie ungeheuer wichtig Kommunikation, Teamwork und Empathie gerade im Moment sind.“ Sie dankt allen Spendern für ihre Großzügigkeit. Durch die Hilfe von außen sei es möglich gewesen, das Kinderkrankenhaus mit reduziertem Angebot weiter zu betreiben und gleichzeitig die Möglichkeit zu schaffen, Coronapatienten zu behandeln. „Wir sind uns der aktuellen Situation schmerzlich bewusst. Die Pandemie hat die Welt in die Knie gezwungen. Unsere Aufgabe aber ist es, den verletzlichsten zu helfen. Bitte helfen Sie uns dabei, diese Aufgabe auch weiter zu erfüllen“, schließt die engagierte Ärztin.

Denn die Pandemie ist nicht vorbei. Der Leiter des internationalen medizinischen Teams von nph, Dr. Edwin Vallecillo, rechnet mit mindestens weiteren sechs Monaten, in denen das Leben mit dem Coronavirus die neue Normalität bedeutet. Es stellt weiterhin besonders für die Schwächsten eine große Gefahr dar.

Leben retten von Corona-Infizierten

80.00 €
Die Krankenhäuser von nph in Haiti bieten oft als einzige eine letzte Chance für schwer erkrankte Corona-Patienten.

Gegen den Hunger durch Corona

50.00 €
Lebensmittel gegen den Hunger für arme Familien, die durch den Corona-Lockdown ihr gesamtes Einkommen verloren haben.

Hygienepaket zum Schutz vor Corona-Virus

15.00 €
Schutz vor dem tödlichen Corona-Virus bietet Kindern ein Hygienepaket mit Seife, Masken und etwas Desinfektionsmittel.