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Gedanken von Pater Richard aus Haiti

Gedanken von Pater Richard Frechette aus Haiti

Im Krisen-Jahr 2021 hat Pater Richard oft aus Haiti geschrieben – vor allem nach dem Erdbeben im August 2021.

Liebe nph-Familie und Freunde,

Wenn ich nachts auf unserer Corona-Station unterwegs bin und die Erkrankten besuche, die schwer atmend in ihren Betten liegen, dann steigt oft Hilflosigkeit in mir auf. Ich weiß, dass unsere Reserven an Medikamenten und Sauerstoff nicht mehr lange ausreichen. Dass Gewalt und Kriminalität, die der puren Verzweiflung der Menschen entspringen, den Nachschub behindern.

Die Panik, die in solchen Momenten immer wieder hochkommt, wird nicht so bald verschwinden. Wenn überhaupt. Doch es gibt Wege, wie es gelingen kann, dass dieser Stress nicht die Überhand gewinnt. Es gibt Wege, die es dem Menschen möglich machen, Unheil zu tragen und sogar zu wandeln.

Was hilft? Gebet und Fürsorge für den Nächsten, indem man etwas gibt. Wie etwa die Hälfte seines Sandwiches.

Was hilft? Jeden Tag nach Schönheit Ausschau halten – in Kindern, in der Natur, in der Musik, in geschätzten Freunden, im Schaffen von etwas aus dem Nichts.

Was hilft? Gutes zu denken, Gutes zu sagen, Gutes zu tun. Sogar zu einem Feind, sogar zu einem selbst (für die meisten von uns sind wir unser schlimmster Feind).

Was hilft? Die Stille suchen, tief durchatmen, Dankbarkeit kultivieren. Ein dankbares, achtsames Bewusstsein für alles um uns herum.

Was hilft?

Helfen hilft – Jede Katastrophe als Chance zu nehmen, auf seinen Nächsten zuzugehen und zu unterstützen.

Haiti - Pater Richard mit Helfern

Pater Richard mit Helfern am 1. September 2021.

Wir bringen nun Baumaterial in den Süden des Landes und beginnen damit, Dächer über den Köpfen der Menschen zu bauen, die nach dem Erdbeben alles verloren haben.

Camp Perrin, mit seinen 40.000 Einwohnern, hat es besonders schwer getroffen. Dort traf ich den jungen Pierre Louis. Er war aus der Hauptstadt gekommen, um seiner Familie und den Nachbarn beim Aufbau ihrer zerstörten Häuser zu helfen. Wir begleiteten in weiter in sein Heimatdorf in den Bergen, Picot.

Viele Menschen Haitis sind voller Hoffnung

Dort verbanden wir einige der Verwundeten, besichtigten die zerstörten Häuser und er schien stolz vor seinen Nachbarn zu sein, dass wir dort waren. Eine Mutter zeigte uns ihre fünfjährige Tochter, die bis zum Hals unter den Trümmern gelegen hatte. Sanfte und vorsichtige Hände hatten sie ausgegraben.

Als ich Pierre Louis nach den Todesopfern fragte, erzählte er mir, dass bei einer Messe das Dach auf die anwesende Gemeinde gestürzt war. 39 von ihnen wurden getötet. Pierre Louis dankte uns für unser Kommen. Er bat um ein Gebet. Er bat um Hilfe für sein Dorf. Er ist bereit für das Morgen, und er ist voller Träume, die er braucht, um ein gutes Morgen zu schaffen.

Liebe Freunde, ich danke Euch für Eure anhaltende Unterstützung und Eure Gebete. Zählt auf uns, wir beten auch für Euch! Mit den unzähligen Herausforderungen dieser Welt vor Augen.

Pater Richard Frechette
Port au Prince
September 13, 2021