„Ich werde oft gefragt, warum der Wiederaufbau in Haiti nach dem verheerenden Erdbeben vom Januar 2010 so langsam vorangeht“, sagt Pater Richard Frechette, Leiter der Einrichtungen von nuestros pequeños hermanos (nph) in Haiti. Hierfür gebe es viele Gründe: Einer der wichtigsten sei, dass man den Haitianern den Wiederaufbau nicht zutraue. Das zeige sich unter anderem daran, dass viele Geberländer ihre Zusage für Hilfsgelder bis heute nicht vollständig eingelöst hätten. Dadurch sei die Handlungsfähigkeit der Regierung eingeschränkt. Wichtige Projekte wie der Häuserbau, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und einer funktionierenden Kanalisation konnten deshalb in den letzten vier Jahren nur eingeschränkt vorangetrieben werden. Umso wichtiger war und ist die Arbeit von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen wie nph. Sie springen dort ein, wo der Staat noch nicht stark genug ist, um die Verantwortung für die Bürger zu übernehmen: im humanitären, medizinischen und im Bildungsbereich. nph fungiert darüber hinaus als Arbeitgeber für rund 1.900 Haitianer. „Wir helfen damit doppelt: Das Einkommen unserer Mitarbeiter sichert ihren Familien das Überleben in einem Land, das geprägt ist von Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Darüber hinaus sind alle unsere Aktivitäten darauf ausgerichtet Not leidende Menschen zu unterstützen. Jeder einzelne Mitarbeiter wirkt vielfach daran mit“, sagt Pater Richard. Der Arzt und Priester ist derzeit in Deutschland und Europa unterwegs, um die internationale Gemeinschaft auch künftig um Solidarität mit Haiti und den Haitianern zu bitten. „Denn Haiti ist schon wieder vergessen“, weiß der 60-Jährige. „Doch die Menschen brauchen weiterhin solidarische Hilfe.“
1987 baute Pater Richard zusammen mit Padre William Wasson, dem Gründer von nph, das erste Kinderdorf in Haiti auf. Aufgrund der großen Armut im Land folgte schon bald der Aufbau von Krankenhäusern, Therapieeinrichtungen, Schulen und Ausbildungswerkstätten. Durch das Erdbeben wurde die ohnehin schon prekäre Situation der Menschen in Haiti noch einmal verschärft. Verkaufsstände und Geschäfte wurden zerstört und damit die Existenzgrundlage vieler Menschen. Für das Team von Pater Richard war klar, dass die Unterstützung der Not leidenden Haitianer ausgeweitet werden muss. So wurden ein zweites Kinderdorf, weitere Krankenhäuser und eine Choleraklinik aufgebaut. Die Hilfe von nph erreicht inzwischen mehrere hunderttausend Menschen. Das Jahresbudget des Kinderhilfswerks liegt inzwischen bei mehr als 20 Millionen US-Dollar und stammt fast vollständig aus Spenden. „Durch die nachlassende Spendenbereitschaft und die Finanzkrise der letzten Jahre, haben wir inzwischen weniger Geld zur Verfügung, um all unsere Einrichtungen und Programme finanzieren zu können“, beklagt Pater Richard. Verwundert ist er über die Bürokratie, die manche Organisationen an den Tag legen. So hätten einige Hilfsorganisationen Spendengelder für Haiti gesammelt, die nie dort angekommen sind. Andere verfügen noch über Erdbebengelder, beispielsweise für den Bau von Häusern. Diese Gelder seien aber blockiert, weil die Organisationen so lange nicht bauen wollen, bis die Besitzverhältnisse der Grundstücke geklärt sind. In Haiti kann das aber Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauern. Bis dahin müssen ganze Familien in den Armenvierteln weiterhin unter menschenunwürdigen Bedingungen in Wellblechhütten leben, ohne Elektrizität, sanitäre Anlagen oder eine funktionierende Müllabfuhr.
Für Pater Richard und sein Team ist das eine unerträgliche Vorstellung. Deshalb hat nph haiti, trotz der knappen Finanzmittel, den vor zwei Jahren begonnenen Häuserbau im Armenviertel Cité Soleil vorangetrieben. Inzwischen sind 140 Häuser fertig gestellt und wurden von den lokalen Entscheidungsträgern der Kommunen an Familien übergeben. Die Einbeziehung der haitianischen Gemeinschaften ist Pater Richard ein Herzensanliegen: „nph ist eine haitianische Organisation. Wir haben keinen Arzt oder Buchhalter, der nicht Haitianer ist“, führt der Priester aus. Alle Führungspositionen innerhalb der Organisation sind mit Haitianern besetzt. Einer davon ist Kenson Kaas. Er ist Leiter des Padre Wasson – Engel des Lichts-Programms, das nach dem Erdbeben ins Leben gerufen wurde. Einerseits, um Kindern beizustehen, die ihre Angehörigen durch das Beben verloren haben. Andererseits wollten die Mitarbeiter des Programms den vielen traumatisierten Kindern durch eine feste Tagesstruktur ein Stück Normalität schenken. Der 29-jährige Kaas jedenfalls trägt inzwischen die Verantwortung für rund 800 Mädchen und Jungen. „Für uns ist es schön, dass eine neue Generation mit viel Liebe, Kraft und Zuversicht die Verantwortung für die Einrichtungen und Programme übernommen hat und damit auch zu einer positiven Entwicklung von Haiti beiträgt“, freut sich Pater Richard.
Damit Leistungsträger wie Kenson Kaas sich entwickeln können, ist eine fundierte Ausbildung notwendig, die nph in allen Facetten anbietet, bis hin zur Möglichkeit eines Studiums. Denn schon der Gründervater wusste, dass eine fundierte Ausbildung die Kinder aus dem Kreislauf von Not, Armut und Gewalt reisen kann und dazu beiträgt ein Land weiterzuentwickeln. Deshalb bietet nph haiti nicht nur den Kindern im Kinderdorf die Möglichkeit einer schulischen und beruflichen Weiterentwicklung, sondern auch zahlreichen Kinder von außerhalb der Organisation. In 28 Straßenschulen in den Armenvierteln von Port-au-Prince und in ländlichen Gebieten lernen rund 10.000 Mädchen und Jungen, um eines Tages in eine hoffnungsvolle Zukunft blicken zu. können.
nuestros pequeños hermanos feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Das Kinderhilfswerk wurde 1954 von Padre William Wasson gegründet, um verwaisten und verlassenen Kindern in Lateinamerika ein liebevolles Zuhause zu schenken. Zurzeit leben 3.300 Mädchen und Jungen in den elf Kinderdörfern der Organisation. Die Kinder leben dort wie in einer großen christlichen Familie. Sie gehen zur Schule und können einen Beruf erlernen. Seit der Gründung des ersten Kinderdorfes sind schon mehr als 18.000 Kinder bei nph aufgewachsen und haben erfahren, was bedingungslose Annahme und Liebe, Teilen, Mitarbeit und Verantwortung bedeuten. Außerdem leistet die Organisation in ihren Projektländern humanitäre Hilfe für viele hunderttausend Menschen.
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