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2014-07 HAI Olfs mit Berufsschuelern

Solaranlage für Kinderkrankenhaus stößt auf weltweites Interesse

Regenerative Energien – eine Alternative für Haiti

Von der Vorstellung, möglichst viel Geld in die Länder des Südens zu pumpen, um drängende Probleme wie Armut, Hunger und Krankheiten zu bekämpfen, hat sich die Weltgemeinschaft schon länger verabschiedet. Wirtschaftliche und soziale Entwicklungen sollen effizient und nachhaltig sein, ausgerichtet auf die Hilfe zur Selbsthilfe. Doch oft fehlt es an überzeugenden Konzepten. Nicht beim Kinderhilfswerk nuestros pequeños hermanos (nph). Die Organisation setzt auf Nachhaltigkeit – im ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereich. Ein Leuchtturmprojekt von nph ist die Nutzung von Solarenergie und der Aufbau eines Solar Smart Grids in Haiti. „Vor kurzem habe ich das Kinderkrankenhaus St. Damien in Tabarre – die neue Solaranlage – besucht. Es sind vorwiegend die Organisationen, die schon lange in Haiti arbeiten, die durch ihre Arbeit Veränderungen bewirken können“, sagt Oliver Jüngel von der deutschen Botschaft in Haiti.

Nutzung regenerativer Energiequellen als Alternative für Haiti

In Haiti sind nur rund 25 Prozent der Haushalte an das elektrische Netz angeschlossen. Elektrizität gibt es vor allem in Ballungszentren wie der Hauptstadt Port-au-Prince, Cap-Haïtien im Norden oder Le Cayes im Südwesten. Die Energieversorgung in Haiti hängt aber bis heute fast ausschließlich an Schwerölkraftwerken und Dieselgeneratoren. Rund sieben Prozent ihres Bruttoinlandproduktes muss die Regierung jährlich für den Import fossiler Brennstoffe ausgeben - Geld, das dann im Land fehlt, um zukunftsfähige soziale und ökologische Projekte zu verwirklichen. „Das schlecht ausgebaute und unzuverlässige Stromnetz ist für Haiti ein Hemmschuh, in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht und auch für das Gesundheitswesen und im Bildungsbereich“, sagt Heiko Seeger, Geschäftsführer NPH Kinderhilfe Lateinamerika, Karlsruhe.

Die haitianische Regierung scheint willens ihre bisherige Energiepolitik zu überdenken. Zusammen mit dem Worldwatch Institut, Washington, hat das haitianische Ministerium für Tiefbau, Transport, Energie und Kommunikation einen strategischen Plan erarbeitet, der auf die Nutzung nachhaltiger Energiequellen wie Sonnenenergie, Windkraft und Biomasse als Energieformen der Zukunft setzt. „Haiti hat die besten Voraussetzungen, um regenerative Energien effizient nutzen zu können. Sonne, Wind und Biomasse sind kostenlos. Nur die Technologie muss aufgebaut und nachhaltig im Land verankert werden“, sagt Seeger. Zielsetzung des Strategieplans der haitianischen Regierung ist es, das elektrische Netz auszubauen, die Energiesicherheit zu erhöhen, die Strompreise, das Handelsdefizit des Landes sowie die Umweltverschmutzung zu senken und Arbeitsplätze zu schaffen.

Solar Smart Grid stößt auf weltweites Interesse

Ein sehr fortschrittliches Pilotprojekt für Haiti ist der Bau eines Solar Smart Grids, eines intelligenten Stromnetzes, bei nph haiti. „Dieses Projekt ist auch für die Spezialisten in den entwickelten Ländern ein zukunftsweisendes, in seiner Art neues Projekt, das weltweit auf viel Interesse stößt“, sagt Hans-Joachim Olfs, Diplom-Ingenieur mit Schwerpunkt Solartechnik. Neben Oliver Jüngel von der deutschen Botschaft, haben bereits zahlreiche Mitarbeiter der UN, von anderen Hilfsorganisationen oder Unternehmen, auch aus Industrienationen, das Pilotprojekt in Tabarre besucht. Hans-Joachim Olfs arbeitet derzeit als Entwicklungshelfer bei nph haiti, unterrichtet an der Berufsschule der Organisation die künftigen Elektro- und Solartechniker und schult die lokalen Lehrkräfte. Bereits 2013 begannen in Haiti die Arbeiten am Solar Smart Grid. Als erster Schritt wurde auf dem größten Stromverbraucher der Organisation, dem Kinderkrankenhaus, eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 85 Kilowatt Peak (kWp) aufgebaut. Mit der Paderborner Biohaus-Stiftung für Umwelt und Gerechtigkeit und den Freiburger Ingenieuren ohne Grenzen waren hochmotivierte und kompetente Kooperationspartner im Boot. Beim Aufbau der Anlage verzichteten die Experten zunächst auf Stromspeichersysteme. Stattdessen koppelt ein so genannter Solar Fuel Save Controller die PV-Anlage mit den Dieselgeneratoren. Im nächsten Schritt werden auf den weiteren Gebäuden von nph haiti und der Partnerorganisation, der St. Luc Stiftung, weitere zentrale und dezentrale Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 500 kWp aufgebaut, Hurrikan-sicher montiert und miteinander vernetzt. Das Solar Smart Grid wird um einen Stromspeicher erweitert. Die geplante Batterie-Speichergröße liegt bei 400 Kilowattstunden (kWh). Dadurch lässt sich der Anteil von Solarstrom am Gesamtverbrauch der nph-Einrichtungen auf über 50 Prozent erhöhen. Die Einsparung von rund 40 Prozent Diesel pro Jahr bewirkt, dass die Kohlenstoffdioxid-Emissionen um rund 1.000 Tonnen und die Treibhausgase um knapp 50 Tonnen reduziert werden. Eine Einbindung des Smart Solar Grid-Systems in das haitianische Stromnetz ist grundsätzlich jederzeit realisierbar.

Nachhaltigkeit setzt Wissenstransfer voraus

Die beste Technologie nutzt wenig, wenn es im Land keine Experten gibt, die Solaranlagen warten und reparieren können. Ein Schwerpunkt von nph liegt deshalb in allen Projektländern auf dem Thema Ausbildung. Im Falle des Solarprojektes etabliert nph haiti momentan den Beruf des Solartechnikers in dem Karibikstaat. An der Berufsschule der Organisation wurde der Bereich Elektrotechnik um den Ausbildungsberuf des Solartechnikers erweitert. Mit dem deutschen Ingenieur Hans-Joachim Olfs konnte ein Experte gewonnen werden, der für drei Jahre die Ausbildung der künftigen Solartechniker und die Weiterbildung der Berufsschullehrer übernommen hat. Später soll diese Aufgabe in haitianische Hand übergeben werden. Olfs unterrichtet derzeit 30 Elektriker mit Schwerpunkt Solartechnik. Die theoretische Ausbildung wird dadurch erweitert, dass die Berufsschüler das Solar Smart Grid mitbetreuen. Ihre Ausbildung dauert zwei Jahre. Die Chancen seiner Berufsschüler auf dem schwierigen Arbeitsmarkt in Haiti, der durch hohe Arbeitslosigkeit geprägt ist, sieht Hans-Joachim Olfs durchaus optimistisch: „Trotz bekannter Probleme in Ländern wie Haiti, z. B. der Armutsfalle, glaube ich fest daran, dass Menschen, die sich ein Ziel stecken und dran bleiben, auch unter diesen Bedingungen eine Chance haben. Auch hier gib es Geld, das gern in die zukunftsweisende Solartechnik investiert werden will. Auch hier spielen Mut und die Zuversicht eine große Rolle.“

nph setzt in allen Projektländern auf Nachhaltigkeit

Teilziele des 2015 auslaufenden Millenniumsziels zur ökologischen Nachhaltigkeit sind die deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen von Slumbewohnern und der Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser. Auch auf diesen Gebieten engagiert sich nph in seinen Projektländern, insbesondere in Haiti. In den Slums von Port-au-Prince bauen nph haiti und die St. Luc Stiftung Wohnhäuser für die Menschen. 256 Familien konnten bereits in ihr neues Zuhause einziehen. Beim Bau und der Verteilung der Gebäude sind die Slumbewohner eng einbezogen, so dass das Projekt eine hohe Akzeptanz hat. Die Häuser verfügen über zwei Zimmer, eine Kochecke, ein Badezimmer und zwei kleine Veranden. Außerdem beinhalten die Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro pro Haus einen Stromanschluss.

Seit 2007 liefert die St. Luc Stiftung, die Partnerorganisation von nph haiti, sauberes Wasser in die Armenviertel der Hauptstadt Port-au-Prince. 2013 konnte ein eigener Brunnen fertiggestellt und zur Wasserstation ausgebaut werden. Zwei Wasserlastwagen der St. Luc Stiftung liefern täglich rund 80.000 Liter an die Bewohner der Slums. Darüber hinaus ist die Wasserstation auch für andere Hilfsorganisationen, die UN oder private Unternehmen zugänglich. Sie müssen allerdings für die Befüllung der Lkw bezahlen, wodurch sich das Projekt zu 75 Prozent selbst trägt. Ziel soll sein, dass die Wasserstation sich künftig zu 100 Prozent trägt.

Auf Nachhaltigkeit sind auch die Landwirtschaftsprogramme von nph angelegt. In nahezu allen Kinderdörfern gibt es eine eigene Landwirtschaft, oft mit Viehhaltung. Bei nph honduras beispielsweise werden neun Hektar Land für den landwirtschaftlichen Anbau genutzt. Dort werden Mais, Karotten oder Süßkartoffeln angebaut, primär für den Eigenbedarf des Kinderdorfs. Durch das Nutzvieh können rund 60 Prozent des Eigenbedarfs der 558 Kinder gedeckt werden. Der Rest muss zugekauft werden. Ziel in allen Kinderdörfern ist es, einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad zu erreichen, um unabhängig von Teuerungen zu sein, wie sie in Lateinamerika häufig auftreten.

Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit funktioniert langfristig nur, wenn Projektträger die Bedingungen vor Ort kennen und in ihre Planung einbeziehen. Genauso müssen die Menschen in den Entwicklungsländern mitgenommen und eingebunden werden. Durch Wissenstransfer werden sie befähigt unabhängig von der Hilfe zu werden und zur Fortentwicklung ihres Landes beizutragen. nuestros pequeños hermanos arbeitet seit mehr als 60 Jahren erfolgreich nach diesem Prinzip.


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nph Kinderhilfe - Hilfe für Kinder in Lateinamerika

Nadine Fissl

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit